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Verhaltenstherapeutische Maßnahmen bei Trennungsangst des Hundes

Was ist Trennungsangst?

Auf die Trennung vom Besitzer reagieren manche Hunde mit Trauer und einer panikartigen Angst, dass Herrchen oder Frauchen nie wieder kommt. Diese Angst kann sich verschieden äußern:

Alle diese Erscheinungen sind keine Trotzreaktion! Selbst wenn Ihr Hund scheinbar bei Ihrer Heimkehr deswegen ein "schlechtes Gewissen" hat. Der Hund hat lediglich gelernt, dass, wenn z.B. der Mülleimerinhalt in der Wohnung verteilt ist, er bei Ihrer Heimkehr Ärger bekommt. Es ist jedoch für Hunde nicht möglich, während der Panikattacke zu verstehen: "Wenn ich den Mülleimer "zerlege", bin ich unartig und Herrchen/Frauchen wird böse mit mir, also lasse ich das lieber".

Meistens sind besonders auf den Besitzer geprägte, anhängliche Tiere betroffen. Manchmal reicht es sogar, wenn die Lieblingsbezugsperson weggeht, obwohl die restlichen Familienmitglieder beim Hund bleiben.

Häufige Fehler:

NIEMALS strafen, es gibt KEIN schlechtes Gewissen bei Hunden!!! Entfernen sie die Hinterlassenschaften Ihres Hundes kommentarlos, er sollte Ihnen dabei NICHT zusehen! Wenn der Hund beim Verlassen der Wohnung jault oder bellt: NICHT zurückgehen, um ihn zu beruhigen! Die Angst wird so nur verstärkt. Erst wenn eine Ruhepause eingekehrt ist, dürfen Sie zurückgehen und ihn loben. Steht der Hund dennoch direkt an der Tür, IGNORIEREN Sie den Hund und wiederholen Sie das Verlassen der Wohnung.

Behandlungsansätze:

Grundsätzlich ist allerhöchste Konsequenz gefordert. Alle Familienmitglieder müssen über die Krankheit und das Therapiekonzept informiert sein und sich an die Behandlungsgrundsätze halten. Vermeiden Sie weitere leidvolle Trennungserfahrungen für die Dauer der Verhaltenstherapie, da sonst Rückschläge drohen, evtl. Hundesitter besorgen, Hund mitnehmen etc. Sie müssen versuchen, einen Kompromiß zwischen Ihrem Tagesablauf und der Therapie des Hundes zu finden.

1. Distanztraining:

Je selbstständiger und damit psychisch unabhängiger Ihr Hund wird, desto schwächer wird seine Trennungsangst. Zu Beginn des Trainings ertragen viele Hunde zunächst nur wenige Sekunden der Trennung. Deshalb immer nur kurz, aber häufig üben. Die Kommandos SITZ, PLATZ und BLEIB einüben. Beim Verlassen des Zimmers Tür schließen. Hund in etwas Abstand, aber zunächst unter Sichtkontakt ablegen und BLEIBen lassen.

So hart es klingt, ignorieren Sie die Annäherungsversuche Ihres Lieblings. Liegt er dagegen ruhig z.B. in seinem Körbchen, gehen Sie hin und animieren ihn zum Spiel.

2. Desensibilisierung gegen Abschiedsrituale:

Vor jedem Verlassen der Wohnung erlebt Ihr Hund Ihre Vorbereitungen, wie Jacke anziehen, Schlüsselbund nehmen, Schuhe anziehen, evtl. sagen Sie ihm auch, dass Sie gehen, etc. Diese Signale bedeuten für Ihren Hund entweder einen tollen Spaziergang oder Trennung. Überfluten Sie Ihren Hund, so oft es geht, mit diesen Reizen. Laufen Sie eine Weile mit Jacke in der Wohnung, ohne zu gehen, spielen Sie mit dem Schlüsselbund, öffnen und schließen Sie die Wohnungstür, ziehen Sie Ihre Schuhe an, nehmen Sie die Leine einfach so in die Hand. Das alles so oft wie möglich, aber unregelmäßig am Tag wiederholen. Die Signale verlieren mit der Zeit Ihre angstmachende oder aufputschende Wirkung.

Vermeiden Sie Verabschiedungsrituale wie "Ich komme ja gleich wieder", "Du mußt schön brav sein" Sie steigern so die Angst zusätzlich. Verlassen Sie die Wohnung kommentarlos.

Ignorieren Sie den Hund ca. eine halbe Stunde vor dem eigentlichen Verlassen der Wohnung völlig.

3. Angleichung der Zustände ALLEINE und ZUSAMMEN:

Wenn Sie da sind, ist das Leben herrlich und aufregend, es wird gespielt, es gibt Futter, es gibt Spaziergänge und Streicheleinheiten etc. Wenn Sie weg sind, passiert nichts, ihr Hund fällt regelrecht in ein Loch. Dieser krasse Unterschied sollte ausgeglichen werden. Reduzieren Sie das "Programm", wenn Sie da sind, sorgen Sie für "Unterhaltung" (z.B. Kauknochen, Radiomusik), wenn Sie weg sind.

Trennungsängstliche Hunde freuen sich natürlich unbändig, wenn Herrchen oder Frauchen heimkehrt. Gehen Sie nicht darauf ein. Betreten Sie die Wohnung, gehen Sie am Hund ohne Blickkontakt vorbei, und machen Sie erst einmal etwas anderes. Hat sich Ihr Hund beruhigt, können Sie zu ihm gehen und ihn streicheln oder mit ihm spielen.

4. Ablenkung:

Ausgelastete Hunde ertragen Trennung besser. Gehen Sie deshalb vor der Trennung lange mit dem Hund spazieren. Geistige Anstrengung durch Übungen wie KOMM, SITZ, PLATZ, BLEIB, APPORT, BEI FUSS ist besonders hilfreich. Verstecken Sie in der Wohnung an verschiedenen Stellen kleine Leckerchen, einen Kauknochen und Spielzeug.

Bei manchen Patienten hilft auch ein tierischer Spielgefährte. Aber Vorsicht, manchmal "erlernt" der neue Hund vom alten die Trennungsangst und Sie haben unter Umständen das Problem verdoppelt.

Bleibt der Hund mit einem Familienmitglied alleine, soll sich dieses, wenn Sie die Wohnung verlassen, ausgiebig mit dem Hund beschäftigen. Versuchen Sie generell die starke Bindung zu nur einem Familienmitglied zu lockern, indem sich möglichst ALLE gleich intensiv mit dem Hund beschäftigen.

5. Therapiekäfig:

In besonders schweren Fällen von Zerstörungsdrang kann ein Therapiekäfig Hilfe leisten. Der Hund wird zunächst in Ihrer Anwesenheit an einen Käfig, oder Zwinger gewöhnt. WICHTIG! Der Hund soll den Käfig mögen! Das heißt: Tür anfangs offen lassen. Leckerchen, Lieblingsspielzeug, Kuscheldecke, Herrchens alte Jacke, Frauchens Schal o.ä. in den Käfig legen. Den Hund nicht in den Käfig zwingen. Loben, wenn er selbst hineingeht. Erst wenn der Hund sich entspannt im Käfig aufhalten kann, darf die Tür kurz geschlossen werden. Steigern Sie nun die Dauer des Einsperrens. Nach einer Weile kann der Hund für die Dauer Ihrer Abwesenheit in seiner sicheren und beruhigenden "Höhle" allein gelassen werden.

6. Medikamente:

Zur Unterstützung der Therapie, und um Rückschläge durch natürlich auftretende Angstauslöser zu vermindern, können von der behandelnden Tierärztin je nach Schwere und Symptomatik verschiedene Medikamente verordnet werden:

D.A.P. Zerstäuber für die Steckdose: Dog Appeasing Pheromone ist für Menschen geruchlos, Hunde fühlen sich in Streßsituationen beruhigt, denn der Geruch entspricht dem Geruch den die Mutterhündin am Gesäuge bildet,

Selgian: Selgian erhöht die Lern- und Konzentrationsfähigkeit in Streßsituationen (Angst).

Clomicalm: Clomicalm ist ein Antidepressivum und verhindert das Hineinsteigern in die Angst.

!!! ACHTUNG !!! Medikamente können nur die Verhaltenstherapie unterstützen, ohne begeitende Verhaltenstherapie sind Medikamente sinnlos!

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Verhaltenstherapeutische Maßnahmen bei Phobien (Angstzuständen) des Hundes

Was ist eine Phobie?

Eine Phobie ist eine panikartige, übertriebene und an sich sinnlose Reaktion auf äußere Reize wie Schüsse, Donner, Trennung vom Besitzer, Autos u.v.m. Häufig aufgrund eines traumatischen Erlebnisses (Silvesterknaller o.Ä.), aber auch ohne Auslöser möglich. Oft weitet sich die Angst auf immer mehr Reize aus, z.B. anfangs nur Knallen, später auch Pfeifen und Trennungsangst.

Häufige Fehler: NIEMALS strafen! Nicht loben! Achtung: viele Ihrer Reaktionen (insbesondere Beruhigungsversuche) kann der Hund als "Lob" mißverstehen! Verhalten Sie sich dem Hund gegenüber neutral während der Angstphase (ignorieren!).

Behandlungsansätze: Grundsätzlich ist allerhöchste Konsequenz gefordert. Alle Familienmitglieder müssen über die Krankheit und das Therapiekonzept informiert sein und sich an die Behandlungsgrundsätze halten.

1. Gegenkonditionierung:

IMMER wenn der Angstauslöser auftritt, eine Übung mit dem Hund durchführen (z.B. SITZ!). Für die erfolgreiche Durchführung der Übung sofort mit Leckerchen und überschwenglicher Stimme loben. Am Anfang die Übung ohne Angstauslöser so gut einüben, bis der Hund sie im Schlaf beherrscht. Versagt die Übung und der Hund zeigt trotzdem Angst: IGNORIEREN!

2. Systematische Desensibilisierung:

Gezielt den Angstauslöser in sehr kleiner Dosis herbeiführen, z.B. leiser Knall und die Intensität über einen längeren Zeitraum langsam steigern.

Reize verringern:

Optische Reize: Entfernung zum angstauslösenden Objekt (z.B. Auto) soweit steigern, dass keine Angst mehr auftritt, im Zuge der Therapieübungen über Wochen langsam die Entfernung verringern.

Akustische Reize: Versuchen, ob der Hund auf Tonaufnahmen des Angstauslösers reagiert. Wenn ja, Lautstärke soweit herunterregeln, dass keine Angst mehr auftritt.

Im Zuge der Therapieübungen langsam über Wochen die Lautstärke schrittweise erhöhen. Mehrmals täglich die Gegenkonditionierungsübungen bei kleiner Reizstärke durchführen! Bei Rückschlägen, z.B. durch zu große Schritte bei der Steigerung des Reizes oder bei unbeabsichtigten (natürlichen) Reizen (Silvester, Jagd, Sirene etc.), muß die Reizintensität für die Übungen wieder so weit verringert werden, bis keine Angst mehr ausgelöst wird.

3. Medikamente:

Zur Unterstützung der Therapie, und um Rückschläge durch natürlich auftretende Angstauslöser zu vermindern, können je nach Schwere und Symptomatik verschiedene Medikamente verordnet werden:

D.A.P. Zerstäuber für die Steckdose: Dog Appeasing Pheromone ist für Menschen geruchlos, Hunde fühlen sich in Streßsituationen beruhigt, denn der Geruch entspricht dem Geruch den die Mutterhündin am Gesäuge bildet,

Selgian: Selgian erhöht die Lern- und Konzentrationsfähigkeit in Streßsituationen (Angst).

Clomicalm: Clomicalm ist ein Antidepressivum und verhindert das Hineinsteigern in die Angst.

Diazepam: Diazepam ist ein Tranquilizer und soll in extremen Streßsituationen wie z.B. der Silvesternacht kurzzeitig die Angst unterdrücken.

!!! ACHTUNG !!! Alle Medikamente können nur die Verhaltenstherapie unterstützen, ohne begleitende Verhaltenstherapie sind Medikamente sinnlos!

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Kleintierpraxis Möller-Seeling, Berstadt, 13.06.2004